Die im Dunkeln sieht man nicht

Zwischen den Whitsunday Islands und Fraser Island, meinem nächsten großem Ding, lagen rund 900 Kilometer und viele heiße Stunden auf dem Bruce Highway. Das ging nicht ohne ein paar Zwischenstopps, die mir aber generell sehr willkommen waren, schließlich wollte ich dieses Mal doch langsamer reisen.

Einen Abstecher zum Eungella National Park sollte man unbedingt machen, denn schon die Anfahrt ist ein Traum. Wenn man sich den Park in Ruhe ansehen möchte, muss man allerdings dort übernachten. Regenwald hatte ich inzwischen genug gesehen und entschloss mich deshalb, nur eine Tagestour bis zu einem winzigen Nest namens Broken River zu machen, das kurz hinter Eungella liegt. Dort wollte ich endlich das wundersame Tier sehen, das mir schon an drei anderen Stellen durch die Lappen gegangen war: Platypus – das Schnabeltier.

Gute Tipps, wo man es findet, erhielt ich an dem einzigen Kiosk, der auch als eine Art Besucherinformationsstelle fungierte und von einem Schweizer betrieben wurde. Er lebte seit 30 Jahren in Australien – und seine Sprachkompositionen aus Schwyzerdütsch und Englisch muss man gehört haben. Sie waren ein wahres Klangerlebnis, wenn auch ein nahezu unverständliches. Vogelliebhaber und Schildkrötenfans kommen in diesem kleinen Teil des Parks ebenfalls auf ihre Kosten. Und dieses Mal hat’s auch mit dem Schnabeltier geklappt. 

Zurück muss man denselben Weg nehmen, was aber wahrlich keine Strafe ist. Immer wieder kommt man an riesigen Zuckerrohrfeldern vorbei, die nicht nur schön aussehen, wenn der Wind über sie hinwegbläst. Auf dem Motorrad hat man auch ihren süßlich-schweren Geruch in der Nase. In ellenlangen Güterzügen wird das geschnittene Rohr in die Fabriken transportiert, deshalb überquert man ständig Bahngleise. Die ganze Region ist davon durchzogen.

Während ich das folgende Foto machte, fuhr hupend ein alter Camper an mir vorbei und hielt kurz darauf an. Es waren Gabriel und Beatrice, die ich am Straßenrand in Miles kennengelernt hatte. War doch klar, dass wir uns auf der Strecke noch mal begegnen! Zur Sicherheit haben wir unsere Verabredung für Melbourne noch mal erneuert.

Zuckeranbau und Viehzucht sind die größten Industriezweige in dieser Gegend und haben ihren Wohlstand begründet. In Rockhampton sieht man ihn sehr deutlich – und auch die Cowboyidentität wird an jeder Ecke ohrenfällig. Hier hört man beides: Country und Western.

Architektonisch ist die Stadt mindestens so sehenswert wie Charters Towers oder Innisfail. Moderne Bauten und klassische wechseln sich ab und wirkten auf mich sehr schön integriert. Besonders gelungen fand ich das Nebeneinander beim neuen Rockhampton Museum of Art, das man sich unbedingt auch von innen ansehen sollte. Ein echter Glücksfall war die Ausstellung von Jessica Loughlin. Ihre Glaskunst, die je nach Lichteinfall blaue oder gelbe Bestandteile sichtbar werden lässt, fand ich faszinierend.

Wo Licht ist, ist immer auch Schatten. Und dort findet man meist jene, die vom Wohlstand nicht begünstigt sind. In Australien trifft das insbesondere auf Menschen mit indigener Abstammung zu. Ich sah sie in den Parks und in den Straßen, wo sie oft in kleinen Gruppen zusammensaßen. Aber ich sah sie kaum in Geschäften und Restaurants. Auf dem Weg nach Rockhampton hielt ich in einem kleinen Kaff namens Marlborough. In einem Kiosk, der von einer uralten Frau mit knalltoten Haaren betrieben wurde, lag eine Tageszeitung mit dem Titel: A HARD NO. Die australische Bevölkerung hatte soeben in einem Referendum abgelehnt, dass Aborigines ein Beratungsgremium im australischen Parlament stellen dürfen.

In Gesprächen hatte ich schon ein paar Mal diese Mischung wahrgenommen: aus Mitgefühl mit den Benachteiligten einerseits und Argwohn oder sogar Furcht ihnen gegenüber andererseits. Dass Ausgrenzung, Armut, Sucht und Kriminalität oft miteinander einhergehen, ist wohl keine neue Erkenntnis. Auch nicht, dass Teilhabe der Schlüssel ist. Australien hatte da gerade eine große Chance verpasst.

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Highway ins Paradies

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Don’t panic!