Märchenwald mit Haihappen

Nach Port Douglas kommt man eigentlich nur, weil mal von dort so gut wegkommt. Beispielsweise zum Great Barrier Reef, das an dieser Stelle besonders nah an der Küste liegt. Keine anderthalb Stunden brauchte das Schnellboot, um die etwa 200 Personen, die bei demselben Veranstalter wie ich gebucht hatten, auf die Plattform am äußeren Riff zu bringen. Genug Zeit also, um sich bei einer Tasse Kaffee zu überlegen, was man von der Tour eigentlich erwartet. Es ist ja immerhin das Great Barrier Reef! Oberstes Regal im Bereich der Naturwunder dieser Erde! Ein bisschen Ehrfurcht machte sich da schon breit. Vielleicht war es aber auch nur Schiss vor den Haien.

Was einem da präsentiert wird, ist durchgetaktete Tourismusindustrie vom Allerfeinsten. 90 Minuten hin, dreieinhalb Stunden auf der Plattform, 90 Minuten zurück. Vor Ort kann man schnorcheln, richtig tauchen, in einem Halbunterwasserboot staunen, ohne nass zu werden, und sogar eine Runde mit dem Heli übers Riff fliegen. Es gibt jede Menge superfreundliches und wirklich kompetentes Personal, das anleitet und erklärt – und sogar ein leckeres Mittagessen. Dieses Programm läuft fast jeden Tag ab, das ganze Jahr über. Und das war nur ein Veranstalter unter vielen.

Und war es geil? Ja, war es. Natürlich fehlte mir jeder Vergleich, denn ich hatte zum ersten Mal an einem Riff geschnorchelt. Wie viel der Faszination daher rührte, dass ich nun mal wusste, wo ich bin, kann ich nicht sagen. Haie waren übrigens nicht zu sehen, dafür aber viele bunte Fische aus Findet Nemo.

Die Rifftour hatte ich nicht selbst gebucht, sondern Aidan. Zusammen mit Alex betrieb der Ire das Lazy Lizard Motor Inn in Port Douglas. Als ich eintraf, nahm Aiden eine Karte vom Abrissblock, malte drei Kreuze drauf und sagte dazu: „Hier kannst Du schwimmen, da besser nicht und dort bist Du tot.“ Prima, dachte ich. Klare Anweisungen – damit kann ich arbeiten.

Irland vermisse er kein Stück, behauptete Aidan. Klimatisch richtig anstrengend sei es hier nur im Januar. Sprach’s und wischte sich mit einem Handtuch den Schweiß von der Glatze.

Anschließend hat Aidan mir innerhalb einer Viertelstunde alle drei Tage am nördlichsten Punkt meiner Reise organisiert. Das ist eine Erfahrung, die ich schon häufiger gemacht hatte: Reiseführer lesen? Internetrecherche? Fahr einfach hin und sprich mit den Einheimischen! Die wissen, wie Du es machen musst. Fantastisch! So konnte ich den Nachmittag bereits in Mossman Gorge verbringen ­– statt im Internet – und skurrile Pflanzenformationen bewundern, die stilistisch von Giacometti bis Kandinsky reichten.

Am dritten Tag bin ich von Port Douglas nach Cape Tribulation gefahren, das noch mal gute anderthalb Stunden weiter nördlich liegt. Auf dem Weg dorthin überquert man den Daintree River mit einer Fähre. Und wenn man Glück hat und gerade Ebbe ist, kann man bei der Überfahrt Krokodile sehen. Vom Fluss aus schlängelt sich die Straße anschließend mitten durch den Regenwald nach Cape Trib, wie man hier sagt. Angeblich hat man sie so geplant, dass dafür keine Bäume gefällt werden mussten. Rechter Hand lugt immer mal wieder der Pazifik durch die Zweige. Ganz sicher eine der schönsten Strecken, die ich je mit dem Motorrad gefahren bin.

In Cape Trib haut’s einen dann gleich noch mal um. Wie der Regenwald von allen Seiten die Bucht umschließt und sogar bis in den Strand hineinwächst – das sieht einfach märchenhaft aus. Hier kann man problemlos die Zeit vergessen und einfach nur genießen. Von den drei Tagen war das vielleicht sogar der schönste. Außer ein paar Dollar für die Fähre hat er nichts gekostet. Best things in life are free.

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