Regenfahrt ins Auenland

Auf halbem Weg nach Bellingen hatte ich auf einmal ein komisches Gefühl. Zunächst konnte ich es nicht recht einordnen, doch nach etwas Wühlen in alten Erinnerungen war klar: Ich fror. Zum ersten Mal, seit ich in Australien war. Als ich Byron Bay verließ, waren es noch 26 Grad gewesen. Entsprechend trug ich wie immer nur ein T-Shirt unter der Motorradjacke. Mit zunehmender Höhe und Entfernung zur Küste wurde es aber immer kälter. Dann fing es auf einmal an, wie aus Kübeln zu schütten – und es sollte zwei Tage lang nicht mehr aufhören.

Als ich in Bellingen ankam, war ich selbst zwar trocken – Gore-Tex sei Dank –, alle äußeren Materialien und Taschen waren aber triefnass. In dem kleinen Zimmer des sehr schönen Hostels gab es natürlich keine Heizung, also musste das ganze Zeug bei um die 10 Grad Raumtemperatur trocknen. Ironischerweise fiel die für den nächsten Tag geplante Tour am Waterfall Way nun ins Wasser, also entschloss ich mich, einfach zu chillen und das Sauwetter auszusitzen. Ich reiste ohnehin immer noch zu schnell.

Bellingen ist ein hübscher, sehr kleiner Ort mit Häusern aus der Gründerzeit sowie ein paar Cafés und Boutiquen. Glücklicherweise gibt es einen Pub, in dem man ein Abendessen bekommt. Und wenn man die klapprige Scheune mit Theke so bezeichnen will: sogar eine Brauerei. Die rustikale Machart hatte aber ihren Charme, das Bier war lecker und die im Holzofen gebackene Pizza herausragend. So mündete der Zwangsaufenthalt in einen angenehmen Abend mit netten Gesprächspartnern aus Sri Lanka und Dinslaken.

In dem gemütlichen Hostel wäre ich gerne noch länger geblieben. Bei gutem Wetter ist das bestimmt ein Traum. Stattdessen brach ich am dritten Tag bei Nieselregen auf, um mir die vermutlich letzte Dröhnung tropischen Regenwald auf dieser Reise zu verpassen. Denn die größte Attraktion am sogenannten Waterfall Way ist aus meiner Sicht der Dorrigo National Park. Der Eintritt war kostenlos und der Regenwald nirgendwo zugänglicher auf meiner Reise. Früh morgens bei leichtem Dunst, man hörte nur die Tropfgeräusche des Regens im Wald und die exotischen Vogelstimmen – märchenhaft!

Platz zwei am Waterfall Way ist für mich immer noch kein Wasserfall, sondern der da-haut-es-Dich-aus-den-Motorradstiefeln-geile Blick vom Point Lookout nahe Ebor. Zugegebenermaßen liegt der Aussichtspunkt deutlich abseits der Straße, und man darf über eine 10 Kilometer lange Schotterpiste brausen, bevor man das Ziel erreicht. Mit ihren vielen Kurven und Hügeln machte die Strecke allein schon richtig viel Bock.

Vom Parkplatz zum Lookout geht es dann durch ein derart vermoostes Waldstück, wie ich es bisher nur von der Insel Mull in Schottland und vom Auenland kannte. Hobbits habe ich nicht getroffen, dafür aber einen deutschen GS-Fahrer, der seit 40 Jahren in Australien lebt.

Wasserfälle habe ich selbstverständlich auch gesehen. Spektakulär fand ich sie aber irgendwie alle nicht, das geht mir mit Wasserfällen oft so. Am besten gefielen mir noch die Dangar Falls. Sie sind zwar nicht beeindruckend hoch, ergießen sich aber in ein großes Becken und werden schön von der Natur eingerahmt.

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