Surf ‘n‘ Turf

Joe salzte nach. Nicht sein Essen, das war gut gewürzt, sondern seine Geschichten. Dass sie alle mit mindestens einer Prise Salz zu nehmen sind, wusste ich von unserer ersten Begegnung. Auf dem Weg nach Süden wollte ich dieses Mal nur eine Nacht in Brisbane bleiben, denn ich hatte mir die Stadt ja schon bei meiner Ankunft angesehen. Was lag da näher, als Joe zu fragen, ob wir uns in seinem Lieblingsburgerladen treffen sollen? Und ein vier Meter langer Netzpython, der quer über die Straße gelegen haben soll, sodass die gesamte Motorradgruppe drüberfahren musste, war einfach sehr unterhaltsam. Okay, außer vielleicht für die Schlange.

Gute Tipps hatte Joe auch wieder für mich. Zum Beispiel wusste er, wo ich am nächsten Morgen Ersatz für meine kaputten Motorradhandschuhe finden konnte. Außerdem hat er meine Route nach Byron Bay um eine traumhaft schöne Strecke ergänzt, die ich sonst garantiert verpasst hätte.

Von Brisbane bin ich zunächst nach Tamborine Mountain gefahren. Und so schön dieses lokale Ausflugsziel auch ist – super Straßen, viele Aussichtspunkte, attraktive Landschaft –, ich bin nicht so richtig warm damit geworden. Vielleicht lag es an den vielen Souvenirshops und Cafés, die mich ein bisschen abgetörnt haben. Die Krönung war ein Geschäft, in dem es ernsthaft deutsche Kuckucksuhren zu kaufen gab. 

Entsprechend habe ich kaum Fotos gemacht und mich lieber ganz dem Motorradfahren hingegeben. Insbesondere der von Joe hinzugefügte Abschnitt war ein Genuss. Und die GS konnte mal wieder zeigen, dass sie trotzt ihrer üppigen Hüften ein echter Kurvenräuber ist. Bei dem dauerhaften Hin- und Herschwingen muss man aufpassen, nicht zu sehr in einen Flow zu geraten. Hinter jeder Kurve oder Kuppe konnte in diesem dicht bewaldeten Gebiet etwas auf der Straße liegen. Meistens waren es allerdings Äste und keine Pythons.

Bevor man Byron Bay erreicht, passiert man die vielleicht bekannteste Hippiestadt der Ostküste. Nimbin begrüßt seine Besucher standesgemäß mit lebensbejahenden Worten auf einem Banner, das über fast die gesamte Länge der Hauptstraße gespannt ist. Viel los war allerdings nicht. Hier und da ein paar Barfußläufer in blumigen Klamotten, jemand saß vor einem Geschäft und schraddelte auf einer Gitarre – das war‘s. Trotzdem hat die kleine Stadt ein besonderes Flair. Hier scheint die Entspanntheit noch ein bisschen größer zu sein als ohnehin in Australien.

In Byron Bay kann man sich leicht ein bisschen alt fühlen, wenn man die Dreißig überschritten hat. Junge Leute – vorzugsweise mit Surfbrettern unter dem Arm – dominieren das Stadtbild. Eine Eigenschaft, die Byron mit Noosa teilt, das ich mir auf Empfehlung von Anne und Bruce auf dem Weg nach Brisbane auch noch angesehen hatte. Überhaupt sind sich Byron Bay und Noosa Heads so ähnlich, dass man nicht beide Orte sehen muss. Noosa ist vielleicht etwas ruhiger und Byron etwas hipper. Im Wesentlichen liegt das wohl daran, dass sich zwischenzeitlich ein paar australische Celebrities in Byron niedergelassen hatten, was die Population und die Preise in der Stadt deutlich angehoben hat. Die Promis sind inzwischen alle wieder weg, die hohen Preise sind aber geblieben. 

Einen vollen Tag wollte ich mir für die Bucht nehmen und den Wellenreitern zusehen. Aus Letzterem wurde leider nicht viel, denn der Sandsturm am Strand war so heftig, dass man damit Fahrzeugteile hätte entlacken können. Auf dem traumschönen Wanderweg entlang der Klippe konnte ich dem Sand zwar entkommen, der Wind wurde mit jedem Meter hoch zum berühmten Leuchtturm aber immer heftiger. Hier hieß es: Kopfbedeckung und Kleider festhalten – oder Schutz hinter dem Gebäude suchen!

Gasthäuser und Hostels mag ich besonders gerne. Oft haben sie eine schöne Atmosphäre, in der eine Art Gemeinschaftsgefühl unter Reisenden mitschwingt. Abgesehen von der willkommenen Gesellschaft und interessanten Gesprächen erhält man dort nützliche Infos für seine eigene Route. In dieser Hinsicht war meine Unterkunft in Byron Bay ein Volltreffer: Gleich mehrere neue Nadeln in meiner Google-Karte sowie wie ein Hoteltipp für Sydney von einem vielreisenden Australier. Und mit einem britischen Paar aus der Nähe von Newcastle hatte ich ein abendfüllendes Gespräch über Gott und die Welt.

Hele wiederum lebte in Kopenhagen und war in Australien, um Verwandte zu besuchen und ihre Tochter zu treffen, die ihrerseits gerade durch die Gegend reiste. Gemeinsam wollten Mutter und Tochter anschließend Urlaub in Indonesien machen. Da nicht klar war, wann ihre Familie sie abholte, bot ich der sympathischen Dänin an, am Tag ihrer Abreise mein Zimmer mitzubenutzen. Aus ihrem war sie bereits ausgecheckt. Genauso wie Linda wusste, dass ich kein Tunichtgut bin, und mir deshalb kurzerhand ihren Laden überlies, war ich mir auch bei Hele sicher. Vorher hatte sie mich eingeladen, sie und ihren Mann in Kopenhagen zu besuchen, falls ich mal mit dem Motorrad Richtung Norden fahre. Ein Ferienhaus in Schweden hätten sie auch, das ich gerne benutzen könne. Da plant sich die Skandinavientour ja fast von allein.

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Regenfahrt ins Auenland

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Go Bokke!